Wie spreche ich über Bindung? Im therapeutischen oder im pädagogischen Setting ....
Thema: Co-Regulation & Selbstregulation
1. Input von Aleksandra Bratic Grunauer:
Visualisierung der Bindungsentwicklung und Aufrechterhaltung von Mustern anhand des Container-Containment-Modells (adaptiert, nach W. Bion).
Frage für das Plenum: «Wie thematisieren, erklären und üben andere das Thema sichere Bindung / Regulation in ihrer praktischen Tätigkeit?»
2. Diskussionsthema eines Mitglieds:
«Sollte man als Lehrperson mit Eltern über Bindungsunsicherheiten ihrer Kinder sprechen - und wenn ja, wie kann ein sensibles und professionelles Vorgehen aussehen?»
Die beiden Beiträge führten zu einer angeregten Diskussion, die sich schwerpunktmässig um die Frage drehte, wie man das Thema Bindung wertschätzend und sensibel aufgreift.
Diskussion:
Als Ausgangspunkt “ich - Kind” wählen: wie erlebe ich das Kind, wie leicht kannn ich Beziehung zum Kind aufbauen und aus diesen Schilderungen kann sich eine Diskussion über Beziehung ergeben.
Frage an die Eltern, wie äussert das Kind sich unter Stress: sucht es Hilfe, Unterstützung, bei Schmerz, Sorgen, Freude, emotionalen Themen. Was ist förderlich für die Beziehung, was weniger, ohne die Bindungsmuster zu erwähnen, oder belehrend zu werden.
Selbst sichere Basis sein für das Kind sein, diese Rolle festigen, dieses Erleben ermöglichen, gerade für Kinder, die dies zuhause weniger oft erleben.
Kaum ein anderes Thema kann mehr Schuldgefühle bei Eltern auslösen. ‘Ich bin verantwortlich’. Deshalb ist es richtig, vorsichtig damit umzugehen. Und wir vergessen oft andere Faktoren, wie Persönlichkeit, Traumata, Krankheiten, Umfeldbedingungen, sozialem Gefüge, Schule usw. für die das Konzept von ‘Schuld’ nicht passt.
Erinnern wir uns an Winnicott’s, Daumenregel: 60% empathisch zu sein ist richtig, und 40% trial & error, denn perfekte Eltern/Lehrpersonen sind nicht entwicklungsfördernd, da Kinder lernen (mitbekommen) müssen, wie man gut mit Fehlern umgehen kann.
Hast du selbst ein echtes Interesse an der Beziehung zu den Eltern und zum Kind, dann ist das Thema echt und kommt anders an, als wenn es nur ein Abfragen ist. Wir sind ein Team: Eltern und Schule, für das Kind.
Weniger auf die Vergangenheit eingehen, wie Probleme entstanden sind. Fokus auf die aktuelle Situation und die Zukunft, Entwicklung: "Ich möchte, dass das Kind alle Bereiche des Sozialen erlernt: Nähe-Suche (Sicherheit), Selbständigkeit (Distanz), Selbstbehauptung (Wut/Ungerechtigkeit zeigen), Hilfesuche (Angst/Unsicherheit eingestehen). Welchen Bereich gilt es auszubauen?" (Darstellbar auch auf dem Bindungsbrett, ohne Fokus auf 'Bindung' sondern generell zum Umgang mit Stress.)
Vorhersagbarkeit ist zentral für alle Kinder. Das ist auch im ganz Kleinen machbar: Vom Nebsächlichkeiten verbalisieren, während ich sie mache (wenn ich mich abwende sagen: “Ich hole schnell was beim Pult und komme wieder”), bis zum lauten Denken bei eigener Unsicherheit oder beim Abwägen von Ideen (“Da geht mir durch den Kopf …”, “Eigentlich müsste …, aber …”), das hat versichernde Effekte.
Ressourcen:
P. Zimmermann’s Beschreibung von Bindung: Sicherheit als effektive soziale Emotionsregulation, Vermeidung als ineffektive individuelle Emotionsregulation und Ambivalenz als ineffektive soziale Emotionsregulation.
Kreis der Sicherheit: Powell, B., Cooper, G., Hoffman, K. & Marvin, B. (2015). Der Kreis der Sicherheit : Die klinische Nutzung der Bindungstheorie (Theo Kierdorf & Hildegard Höhr, Übers.). Lichtenau: G. P. Probst Verlag.
Grafik: https://elmtreeclinic.ca/handouts/Circle%20of%20Security/Circle%20of%20Security.pdf
------------
Allgemeine Anmerkungen und Vorschläge für zukünftige Themen:
Persönlichkeitstypen und welche Rolle spielen sie in der Bindungsentwicklung
Übertragung und Gegenübertragung betr. Beziehung, z.B. in der Beratung von Lehrpersonen und Eltern zu Feinfühligkeit.